Retro-Review der Film-Rollenspiels

Retro auf Playstation 2

Der Herr der Ringe: Das Dritte Zeitalter ist ein Rollenspiel von EA im Herr der Ringe Universum. Das Spiel folgt einem Gondorianer namens Berethor, der schnell Idrial, eine Elbin, und Elegost, einen Waldläufer, trifft. Vorab ein Disclaimer: ich habe über Lord of the Weed nicht einen der Herr der Ringe-Filme gesehen, daher kann ich nicht genau sagen, wie gut Das Dritte Zeitalter dem Verlauf der Filme folgt. Das Spiel beinhaltet jedenfalls 109 Filmstellen, die neues Audio spendiert bekommen haben, damit sie euch irgendetwas über die Geschichte erklären. Ab und an findet ihr eine der epischen Szenen aus Mittelerde. Mein Gefühl ist, dass das Spiel den Filmen recht gut folgt, vllt. sogar etwas zu gut, und zu wenig darauf achtet ein hervorragendes Spiel zu sein. Aber wie gut ist denn das Rollenspiel nun?

Zu Beginn ist die Welt wie immer im Wandel. Berethor wird in einem Wald in Eregion von Nazgul, den Ringgeistern überfallen und überwältigt. Aber die Elbin Idrial findet ihn und begleitet ihn sobald durch Eregion nach Moria. Das Ziel ist Helms Klamm. Dort wird eine große Schlacht von Statten gehen, und ihr müsst dort hin, um den Tag zu retten. Auf dem Weg allerdings liegen viele Gefahren, denen ihr trotzen müsst. Nicht nur müsst ihr schneebelegte Berge erklimmen und ein Wassermonster töten um nach Moria zu gelangen, aber auch innerhalb der ehemaligen Zwergenstadt werden einige Bösewichte und Kreaturen auf euch warten. Auf dem Weg findet ihr allerdings weitere Gefährten, die euch im Kampf zur Seite stehen; ich persönlich habe mit den ersten dreien gespielt, die ich bekommen habe, die anderen waren mir dann zu wenig ausgebaut.

Das Kampfsystem ist am ehesten mit den alten Final Fantasy-Spielen zu vergleichen. Es ist ein runden-basierter Kampfmodus, bei dem sich die Fraktionen gegenüber stehen, ihr, wenn ihr an der Reihe seid unendlich viel Zeit habt euch für eine Attacke zu entscheiden und euch ein Opfer für eure Angriffe zu suchen. Außerdem könnt ihr natürlich auch Buffs auf eure eigenen Leute legen, oder Debuffs auf die Feinde. Beispielsweise könnt ihr Feinde blenden, und damit ihre Angriffe ungenauer machen, oder auch lähmen, sodass sie erst ein paar Runden später wieder angreifen können. Auch lernt Berethor bald den Gegenangriff, bei dem er einen normalen Angriff automatisch ab und an vom Stapel lässt, wenn er von einem gegnerischen Angriff getroffen wurde. Je häufiger ihr eine Fähigkeit benutzt, um so mehr Fähigkeitspunkte erhaltet ihr und erlernt bald neue Fähigkeiten, bspw. eine verbesserte Version eurer Attacken, eine Zweier- oder mehr Kombination oder Angriffe mit Nebeneffekten.

Eure Begleiter sind sehr unterschiedlich von ihrem Kampfstil. Zunächst hätten wir da natürlich Berethor selbst. Er ist ein mächtiger Schwertkämpfer, und kann neben Schwertangriffen auch seine Führungskraft spielen lassen, mit der er seine Truppe motiviert, bspw. könnt ihr den Schaden eurer Truppe steigern, Immunität gegen Lähmung aufbauen, o.Ä. Idrial ist ebenfalls Schwerkämpferin, allerdings mit einem Magie-Twist. Sehr schnell wird sie zu einer mächtigen Magierin und kann eure Gegner meist besser ausschalten als Berethor. Außerdem bleibt zu beachten, dass Magie-Abwehr und Nahkmapf/Fernkampf-Abwehr zwei unterschiedliche Werte sind, nicht nur bei euch, sondern auch bei den Gegnern. Daher macht es Sinn Leute in eurer Truppe zu haben, die gute Magier sind. Elegost ist ein Bogenschütze. Tatsächlich kann der auch nichts anderes, wenn ihr nichts unternehmt. Außerdem findet ihr einen Axtschwingenden Zwerg, der ebenfalls Magie spielen lassen kann, einen Pekinier, und eine Doppel-Axt-Soldatin.

Der Kampfbildschirm beinhaltet quasi alle wichtigen Informationen, unten seht ihr eure Begleiter und deren Gesundheits- und Aktionspunkte. Direkt daneben ist eine Anzeige für den Perfekt-Modus; fügt ihr Gegnern schaden zu, füllt sich die Anzeige. Ist sie voll, könnt ihr einen mächtigen Angriff vom Stapel lassen, der die Gegner sicher sehr schadet. Am oberen rechten Rand findet ihr die Reihenfolge, die allerdings ausgeblendet wird, sobald die Gegner an der Reihe sind. Oben links sind Informationen über den ausgewählten Charakter, also bspw. seine GP, wenn ihr einen eigenen Charakter bspw. heilen oder buffen wollt, oder der Name und eine Gesundheitsanzeige des Feindes.

Gut gefallen haben mir übrigens die recht filmisch inszenierten Kamerafahrten während des Kampfes. Wenn einer eurer Soldaten zum Schwung ausholt und auf einen Gegner zu läuft, fährt die Kamera halbwegs szenisch an den Gegner ran. Auch wenn ihr angegriffen werdet, sind teilweise eure Charakter zur halb im Bild - mir persönlich gefällt das. Was mich allerdings stört ist, dass sich hier das Spiel teilweise anfühlt wie auf 16:9 ausgelegt, aber es gibt keinen Widescreen-Modus. Manchmal werden angegriffene Gegner abgeschnitten vom Bild, und dabei wäre es mir schon wichtig gewesen zu sehen, ob sie umgefallen sind und liegen bleiben oder wieder aufstehen.

Am Ende eines Kampfes erhalten alle am Kampf beteiligten Erfahrungspunkte; alle anderen erhalten nur die Hälfte der Erfahrungspunkte. Das bedeutet nicht nur, dass einige eurer Gefährten sehr schnell viel zu schwach sind um sinnvoll mit ihnen zu kämpfen, weil ihr zu jedem Zeitpunkt nur drei Soldaten auf dem Feld haben könnt (und einen vierten, der meist Story-bezogen hinzu kommt, bspw. schließt sich euch Gandalf für einen einzigen Kampf an). Außerdem heißt das aber auch, dass alle, die nicht zu einem Angriff gekommen sind, bspw. weil ihr sofort alle Feinde ausgeschaltet habt, ebenfalls nur die Hälfte der Erfahrungspunkte bekommen. Soldaten hingegen, die Feinde erledigen erhalten sogar noch einen kleinen Boost an Erfahrungspunkten. Außerdem erhaltet ihr für abgeschlossene Aufgaben Erfahrungspunkte. Die meisten der Aufgaben sind allerdings ohnehin Pflicht, nur wenige könnt ihr auslassen.

Steigt ihr in der Stufe auf könnt ihr einige Statuspunkte vergeben: Stärke gibt euch Nah- und Fernkampfkraft, Konstitution steigert eure Gesundheitspunkte, Geist erhöht eure Aktionspunkte (mit denen ihr besondere Aktionen oder Magie loslassen könnt) und steigert euren magischen Grundschaden. Geschick hilft euch Gegner kritisch zu treffen und Tempo steigert die schnell ihr wieder an der Reihe seid. Ihr könnt Gegner bis zu dreifach-kritisch treffen, und dabei eine Menge Schaden über euren normalen Grundschaden verursachen. Weiter solltet ihr darauf achten, dass euer Trupp immer die beste Ausrüstung verwendet. Dafür geht ihr im Pausenmenü unter Ausrüstung auf "Neue Ausrüstung" und wählt doch die richtigen Waffen und Kleidungsstücke. Nicht nur wird dadurch irgendeine Zahl im Hintergrund geändert, bspw. für euren Rüstungswert oder die Statuswerte (wenn die Ausrüstung solche Effekte hat), sondern euer Charakter legt die Ausrüstung auch visuell an, d.h. optisch verändert sich immer etwas.

Sollte euch natürlich mal der passende Zauberspruch um eine bestimmte Situation zu meistern nicht zur Verfügung stehen, dann könnt ihr auch Items einsetzen, die ihr zuvor nach Kämpfen oder in Truhen in der Gegend gefunden habt. Dort ist alles zu finden, was man sich vorstellen kann, von einfachen Heil-Gegenständen, über Buffs und Debuff-Auflösern, bis hin zu Wiederbelebungen, wenn doch mal einer eurer Charakter im Kampf fallen sollte. Sterben alle eurer Charakter ist das Spiel vorbei und ihr werdet zum Titelbildschirm zurück geschickt. Ich hätte es deutlich besser gefunden, wenn die Speicherstellen ebenfalls als Kontrollpunkt fungieren, sodass man eben nicht ständig speichern muss, aber so ist das eben. Das wird auch dadurch nicht besser, dass die Gegner euch manchmal einfach komplett zerschroten können, ohne dass ihr irgendetwas machen könnt. Wenn sie euch ständig mit lähmenden Angriffen treffen, werdet ihr nie dran kommen. Und das passiert natürlich genau dann, wenn ihr gerade einige schwierige Kämpfe hinter euch gebracht habt. Das ist im Verlauf des Spiels vielleicht vier mal passiert, dennoch finde ich, dass das wirklich nicht notwendig ist.

Als Gegner stehen euch Wilde, Orks verschiedener Geschmacksrichtungen, Uruk Hai, einige Krieger, Trolle und einige anderer Monster mit verschiedenen Waffen und in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Und tatsächlich, während der gesamten ersten 20 Stunden meiner 22 Stunden Spielzeit, ist mir das alles nicht langweilig geworden. Zwar fand ich die ersten Gegenden deutlich besser ausgearbeitet, aber bis zu Minas Thirith hat mir das Spiel verdammt gut gefallen. Besonders am Anfang waren die Aufträge nicht ohnehin alle Pflicht, sondern einige konnte man aus auslassen. Auch konnten einige Gegenstände und Truhen in den Ecken gefunden werden.

In der letzten Region des Spiels aber scheint es als wären die Entwickler nicht mehr fertig geworden. Nicht nur lädt das Spiel aller paar Schritte ein neues Areal, und natürlich auch direkt immer einen schweren Kampf mit. Es wird quasi nichts dargestellt, außer ein Korridor, der von Leichen umrandet wird, und das Spiel muss ständig Areale nachladen. Außerdem läuft das Spiel hier auch deutlich schlechter, obwohl ich die Grafik vorher erheblich schicker gefunden habe. Die Kämpfe werden hier auch sehr häufig und schwer und lang. Insgesamt scheint mir hier als hätten die Entwickler die Lust verloren, oder als wäre ihnen die Zeit ausgegangen.

Grafisch wirkt Herr der Ringe: das Dritte Zeitalter natürlich lange nicht perfekt. Mir persönlich gefällt der Grafikstil relativ gut, muss aber eingestehen, dass das Flimmern des Spiels ziemlich nervt und das Spiel manchmal verdammt grau aussieht. Auch ruckelt das Spiel ab und an bei relativ wenig Aktion auf dem Bildschirm schon recht stark. Schade, da wäre deutlich mehr möglich gewesen. Leider wirken auch einige Animationen nicht ganz zuende poliert. Normalerweise werden erledigte Gegner einfach ausgeblendet, einige andere rennen weg. Manchmal spawnt auch eine neue Welle Gegner nach; dann ist es ja auch okay, die Gegner einzublenden, aber manchmal scheinen die Gegner eher zu sprinten und das sieht irgendwie ziemlich komisch aus. Auch einige Animationen im Kampf wirken unfertig; bspw. wenn Berethor angreift aber nicht trifft, dann schlägt er immer horizontal, egal ob der eigentliche Angriffe mit einem vertikalen Hieb angefangen hätte. Dann sieht es aber auch so aus als würde er eben doch treffen, das Spiel behauptet aber anderes.

Der Sound im Spiel ist eigentlich ziemlich gut. Der Soundtrack ist quasi aus den Filmen übernommen und damit hervorragend. Auch der Sprecher von Gandalf scheint aus dem Film übernommen zu sein - jedenfalls ist der ziemlich gut. Die Gespräche unserer Charaktere sind relativ cheesy und erklären oft sinnlose Sachen, die Gespräche machen meist wenig Sinn und oft bringen die Charaktere Inhalte auf, die bis gerade eben überhaupt nie Thema gewesen waren. Es ist quasi kein Storyplan erkennbar, quasi keine Handlungsstränge, die weit durch das Spiel gezogen werden.

Wirklich nervig finde ich übrigens, dass das Spiel an einer Stelle euch Idrial wegnimmt, und ihr dann ggf. einen untrainierten Soldaten einsetzen müsst. Und an einer anderen Stelle teilt sich euer Trupp für einen Kampf. Die schwachen haben quasi keine Chance, wenn eure starken Kämpfer sich nicht beeilen die Gegner auszuschalten. Auch hier zeigt sich wieder, dass das Spiel nicht mit euch redet und euch das nicht vorher anzeigt. Oder bspw. auswählen lässt wer wo kämpft. Dass das Spiel nicht mit eure redet, zeigt sich leider auch in den Kämpfen. Viele der Angriffe und Effekte erklären sich eben nicht von selbst, sondern ihr müsst herausfinden, mit welchen Items oder Zaubern ihr welche Debuffs auflösen könnt, oder welche Buffs euch weiter bringen. Das finde ich schade. Oftmals werdet ihr einem neuen Effekt gegenüber gestellt und dann funktioniert euer Zauber nicht oder das Item, was ihr drauf werft.

Auch scheint mir, dass die Kampfreihenfolge irgendwie komisch implementiert ist. Nicht nur, dass das Spiel die Reihenfolge-Anzeige ausblendet, wenn der Gegner am Zug ist, sondern die Reihenfolge ändert sich auch dynamisch, wenn ihr bestimmte Angriffe vom Stapel lasst. So kann es vorkommen, dass ein und derselbe Gegner zweimal hintereinander dran ist, weil ihr gerade irgendwie beschäftigt seid. Das kann das Spiel ja gern so machen, aber warum zeigt es mir das nicht an? Einige Male scheint das Spiel auch auszubuggen, wo die Übersichtskarte nicht mehr angezeigt wird in der Welt; oder die Gegner werden in der Kampfreihenfolge-Anzeige nicht mehr eingeblendet, sind aber dennoch ab und an dran.

Das Spiel scheint den Filmen ganz gut zu folgen. Zwar spielt ihr nicht die Protagonisten aus den Filmen, aber ihr trefft sie ab und an, und einige Zwischensequenzen sind direkt aus den Filmen übernommen, was es nicht einfacher macht die Zwischensequenzen zu verstehen. Allerdings verliert das Spiel irgendwann einfach seine Spiel-Eigenschaft. Ich will die Umgebungen durchsuchen und Items und versteckte Truhen finden, will Nebenmissionen haben oder meine Leute aufleveln. Später, wenn ihr in Osgoliath seid oder in Helms Klamm, scheint es dem Film etwas zu sehr zu folgen. Ja klar muss ich die Burg verteidigen, aber dann geht das von einem Kampf direkt in den nächsten, ohne dass ich neue Statuspunkte verteilen konnte, meinen Leuten neue Ausrüstung geben, oder durch Items heilen konnte. Die Freiheiten, die man im ersten Teil des Spiels noch hatte, verliert sich dort recht schnell. Das letzte Level habe ich dann abgebrochen, weil ich keine Lust mehr hatte auf die immer gleichen Kämpfe und die billig hintereinander gereihten Begegnungen. Schade eigentlich.

Bewertung:
Empfohlen
Empfohlen
Text von 11.02.2020
Fazit:
Insgesamt gefällt mir Herr der Ringe: Das Dritte Zeitalter eigentlich recht gut. Das Rollenspiel ist brauchbar, die Aufrüstung und die Ausrüstungsvergabe durchaus spannend und macht Spaß und das Kampfsystem ist zwar nicht fehlerfrei, aber geht dennoch in Ordnung. Nach etwa 22 Stunden Spielzeit habe ich aber dennoch aufgehört zu spielen, weil ich das letzte Level einfach unerträglich in die Länge gezogen gefunden habe. Wer ein kurzweiliges, wenn auch manchmal langsames und gestelztes Rollenspiel sucht, kann gern zugreifen. Leider fehlt an manchen Stellen doch noch etwas Politur. Später werden die Level auch etwas langweiliger und billiger. Trotzdem habe ich mit dem Spiel 20-22 Stunden duchaus Spaß gehabt.